Gedanken zu Cantate (Singt): 4. Sonntag nach Ostern
Die Geschichte, die für den heutigen Sonntag vorgegeben ist, ist schnell erzählt.
Paulus und Silas, zwei der Apostel, sitzen im Gefängnis. In Makedonien. Sie haben den Mund nicht halten können. Sie haben gepredigt. Neues und für die Zuhörenden Ungewohntes. Und sie haben einen Geist ausgetrieben. Im Namen Jesu. Und jetzt sind die beiden erst einmal aus dem Verkehr gezogen. Die Anklage lautet. „Diese Menschen bringen unsre Stadt in Aufruhr; sie sind Juden und verkünden Sitten, die wir weder annehmen noch einhalten dürfen, weil wir Römer sind.“ (Apostelgeschichte 16,20.21)
Ob die beiden noch einmal frei kommen werden, ist ungewiss. Verständlich wäre es deswegen, wenn sie Angst hätten. Todesangst. Und verständlich wäre auch, wenn ihnen die Angst die Kehle zuschnürte und den Mund verschließen würde.
Was aber von den beiden tatsächlich erzählt wird, ist das: „Um Mitternacht aber beteten Paulus und Silas und priesen Gott mit Gesängen und die in Fesseln Gelegten lauschten ihnen.“ (Apostelgeschichte 16, 25)
Ich finde das beachtlich. Die beiden loben Gott und sitzen doch noch im Gefängnis und wissen nicht, was kommt. Der Lobgesang der zwei Männer erfolgt nicht hinterher, wenn es leicht fällt, dankbar zu sein und zu loben. Nein, noch bevor sich die Gefängnistüren vor ihnen öffnen, stimmen Paulus und Silas ihren Lobgesang an.
Hinterher lobt der Kerkermeister. Hinterher müssen es auch die Oberen einsehen, dass es Vorgänge gibt, die ihr Verstehen übersteigt. Und ganz am Ende wird ein großes Loben sein. Paulus und Silas aber tun schon vor ihrer Rettung, was seinen sichtbaren Sinn erst noch bekommt.
Und das Ende der Geschichte? So geht sie zu Ende: „Plötzlich aber geschah ein großes Erdbeben, sodass die Grundmauern des Gefängnisses wankten. Und sogleich öffneten sich alle Türen und von allen fielen die Fesseln ab. Als aber der Kerkermeister aus dem Schlaf auffuhr und sah die Türen des Gefängnisses offen stehen, zog er das Schwert und wollte sich selbst töten; denn er meinte, die Gefangenen wären entflohen. Paulus aber rief laut: Tu dir nichts an; denn wir sind alle hier!“ (Apostelgeschichte 16,26-28)
Und hier der dazugehörige Psalm
Herzlich lieb hab ich dich, Herr, meine Stärke!
Herr, mein Fels, meine Burg, mein Erretter.
Als mir angst war, rief ich den Herrn an
und schrie zu meinem Gott.
Da erhörte er meine Stimme von seinem Tempel.
Die Erde bebte und wankte
und die Grundfesten der Berge bewegten sich.
Ja, du machst hell meine Leuchte,
der Herr, mein Gott, macht meine Finsternis licht.
Mit meinem Gott springe ich über Mauern.
Darum will ich dir danken, Herr, unter den Völkern
und deinem Namen lobsingen.“
(Psalm 18 in Auswahl)
Eva Böhme
Sulzburg, 10. Mai 2020